Praxisschenkung in Corona-Zeiten

Ist ein Nachfolger/in in der Familie vorhanden, so wird die Praxis (oder zunächst ein Praxisanteil) gerne verschenkt statt verkauft. Dann verlangt das Finanzamt eine Erbschaft- und Schenkungssteuererklärung. Der Freibetrag zwischen Eltern und Kindern von 400.000 € alle 10 Jahre reicht dann nicht weit, wenn noch weiteres Vermögen vorhanden ist. Schlimmer noch, wenn zwischen entfernteren Verwandten nur ein Freibetrag von 20.000 € gewährt wird. Fehler bei der Steuererklärung und beim Verhalten nach Schenkung können da teuer werden.

Der Verschonungsabschlag für Betriebsvermögen

Im Regelfall kann die Schenkung einer Praxis/eines-Praxisanteils völlig erbschaft- bzw. schenkungssteuerfrei abgewickelt werden, durch die sogenannten „Verschonungsregeln für Betriebsvermögen“. Bleibt das Eigentum an der Praxis noch 5 Jahre unverändert bestehen und wird eine kumulierte Lohnsumme (in Abhängigkeit von der Anzahl der Beschäftigten) in 5 Jahren erhalten, so bleibt der Praxiswert zu 85 % steuerfrei. Übersteigt der Restbetrag nicht 150.000 €, so bleibt das Betriebsvermögen vollständig steuerfrei (Bei Werten darüber hinaus wird der Abzugsbetrag vermindert). Auf Antrag und bei Fristen von 7 statt 5 Jahren bleiben sogar 100 % steuerfrei. Bei Nichteinhaltung schmilzt der Verschonungsabschlag zeitanteilig bzw. prozentual ab, und zwar rückwirkend auf den Schenkungszeitpunkt.

Auf die richtige Bewertung kommt es an

Lässt man das Finanzamt gewähren, so kommt für die Bewertung einer Zahnarztpraxis/eines Praxisanteils ein vereinfachtes Ertragswertverfahren nach § 199 Bewertungsgesetz zur Anwendung: Der Durchschnittsgewinn der letzten 3 Jahre wird bereinigt um erhöhte Abschreibungen, besondere Erträge, sonstige Sonderfaktoren, und gekürzt um einen „Unternehmerlohn“. Der Wert beträgt das 13.75fache dieses Normalgewinns.  

Beispiel: Eine Zahnarztpraxis mit einem durchschnittlichen und „bereinigten“ Jahresgewinn von 200.000 € (nach Abzug eines Unternehmerlohns von 80.000 € dann 120.000 €) hätte dann, multipliziert mit 13,75, einen Wert von 1.650.000 €. Das ist völlig unrealistisch.

Da es Marktpreise nicht gibt, muss eine Bewertung durch einen Sachverständigen nach den branchenüblichen Regeln der Bewertung von (Zahn)Arztpraxen dagegen gehalten werden. Auch hier wird der Ertragswert ermittelt, jedoch im Gegensatz zum Bewertungsgesetz wird ein Faktor von allenfalls 2-3 angewendet. Die gleiche Zahnarztpraxis ist dann 240.000 € wert (zuzüglich materielles Vermögen). Selbst das kann – je nach Lage und Nachfrage -ein ambitionierter Wert sein.

Eine realistische Wertermittlung ist zwingend, und muss vom Finanzamt auch so festgestellt werden. Denn erst nach Ablauf der Frist weiss man sicher, dass die erbschaftsteuerliche Verschonungsregel für das geschenkte Praxisvermögen zur Anwendung kommt.

Die Lohnsumme erhalten

Ausgangslohnsumme für die Gewährung des Verschonungsabschlages ist die durchschnittliche Lohnsumme der letzten fünf Jahre vor der Übertragung (§ 13a Abs. 1 ErbstG). Die Mindestlohnsumme der nächsten 5 Jahre beträgt 250 % für Praxen mit 6 bis 10 Mitarbeitern, 300 % für Praxen mit 11 bis 20 Mitarbeitern, und darüber hinaus 400 %. Bei Antrag auf 100 % Verschonung gelten  500 % /565 %/ 700 %). Kranke, im Mutterschutz oder Elternzeit befindliche und Auszubildende bleiben im Bewertungszeitpunkt außer Ansatz. Die Anzahl der Beschäftigten und die Ausgangslohnsumme sowie die Gesamtsummen nach den 5 bzw. 7 -Jahren werden vom zuständigenden Finanzamt festgestellt. Unterschreitungen sind vom Beschenkten zu melden.

Corona-Einflüsse

Fällt die „Corona-Zeit“ mit fehlenden Einnahmen in die 3jährige Ertragsbetrachtung, so ist das für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungssteuer durchaus sinnvoll, um einen niedrigeren Wert des Betriebsvermögens zu erreichen. Bei Verkaufsabsichten sollte man natürlich diese Sondersituation 2020 bei der Bewertung außen vor lassen.

Schwierig wird die Entwicklung der Lohnsumme im 5 bzw. 7-Jahres-Zeitraum. Kurzarbeit (und Ersatz der Lohnkosten durch die Arbeitsagentur) in größerem Umfang oder über einen längeren Zeitraum verringert die Lohnsumme erheblich. Da es keine Corona-Sonderregel für die Betriebsvermögensbewertung gibt, riskiert der Beschenkte eine Verminderung des Verschonungsabschlags und der Steuerfreistellung des Praxisvermögens. Da hilft nur aufpassen und rechnen.

Beispiel: Eine Praxis mit 11 Mitarbeitern schickt 2020 8 Mitarbeiter in Kurzarbeit und entlässt 2021 5 Mitarbeiter. Lohnsumme 2017-2019 im Durchschnitt 275.000 €. In den 5 Jahren ab Schenkung 2020 beträgt die Lohnsumme 75.000, und 4 x 150.000 = 675.000. Das sind 245 % der Ausgangslohnsumme. Der Verschonungsabschlag wird nur zu 245/300 % =82 % von 85 %= 70 % gewährt.

Praxisaufgabe in den 5 bzw. 7 Jahren nach Schenkung erfordern realistischen Praxiswert

Muss die Praxis z.B. wegen der schlechten Ertragslage durch Corona, verkauft oder aufgegeben werden, oder stirbt gar der/die Beschenkte und die Erben veräußern die Praxis, so sinkt der Verschonungsabschlag zeit- bzw. wertanteilig. Die Gründe für die Nichteinhalten der Behaltefristen oder Unterschreiten der Lohnsummen sind für das Finanzamt unerheblich. Zu allen anderen Widrigkeiten muss der/die Beschenkte, oder gar die Erben, dann u.U. noch rückwirkend Erbschaft- bzw. Schenkungssteuer zahlen.

In der Regel wird die Verschonungsregelung eine Erbschaft- bzw. Schenkungssteuer für Praxen/Praxisanteile verhindern. Doch wegen der wirtschaftlichen Risiken gerade in Corona-Zeiten der 5- bzw. 7-jährigen Nachfrist sollte der/die Beschenkte eine realistische Praxiswertermittlung beim Finanzamt durchsetzen.

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