DSGVO ermöglicht Akteneinsicht beim Finanzamt

Steuerpflichtige oder ihre Berater hatten vor Geltung der DSGVO nur ausnahmsweise ein Recht auf Einsichtnahme in die Steuerakten. Ein Rechtsanspruch bestand nur auf Antrag, wenn eine Klage beim Finanzgericht eingereicht war. Die Einsichtnahme und die Fertigung von Kopien ging auf Kosten des Steuerpflichtigen. Das ändert sich durch die DSGVO grundlegend.

Recht auf Akteneinsicht heute nach der DSGVO

Art 15 Abs. 1 DSGVO ermöglicht bei der Verarbeitung personenbezogener Daten ein Recht der von der Verarbeitung betroffenen Personen auf Auskunft über die verarbeiteten Daten. „Der Verantwortliche“ (für die Verarbeitung) hat eine Kopie der personenbezogenen Daten zur Verfügung zu stellen. Ein irgendwie geartetes „berechtigtes Interesse“ ist nicht erforderlich.

Wer darf beantragen?

Nach der DSGVO haben lebende natürliche Personen einen Auskunftsanspruch. Durch die ergänzenden Vorschriften der Abgabenordnung (§ 2a Abs. 5 AO) erweitert sich der Auskunftsanspruch aber auch auf Erben von verstorbenen natürlichen Personen, und auch auf Körperschaften (GmbH oder AG), Personenvereinigungen (GbR)  und Vermögensmassen (Stiftungen), jeweils vertreten durch ihre Geschäftsführer oder Vorstände.

Welche Auskünfte dürfen verlangt werden?

Das Auskunftsrecht bezieht sich auf alle personenbezogenen Daten, die in einem Dateisystem verarbeitet werden. Im Falle der Steuerveranlagung sind dies nicht nur Angaben zur Person alleine, sondern auch Sachdaten wie Vermögens- und Einkommensverhältnisse. Also quasi die gesamte Steuerakte. Eingesehen werden können sowohl die elektronischen wie auch Papierform geführten Steuerakten, und auch Handakten eines Steuerprüfers, und zwar zu jeder Steuerart. Denn jede Sammlung von Daten unter einer Steuernummer oder einem Aktenzeichen ist eine „nicht-automatisierte Verarbeitung in einem DatensystemW.

Zeitlich ist die Einsichtnahme nicht beschränkt. Auch Daten vor Inkrafttreten der DSGVO am 25.05.2018 können abgefragt werden.

Es gibt aber gewisse Beschränkungen

Es gibt 11 Gruppen von Beschränkungen der Auskunftspflicht. Grob gesagt, sollen diese vermeiden, dass für die Finanzbehörde steuerlich relevante Informationen zurück gehalten werden können.

So müssen berechtigte Interessen eines Dritten geschützt werden, z.B. im Falle einer berechtigten anonymen Anzeige haben Sie nicht das Recht, die Identität des Anzeige-Erstatters zu erfahren. Anders jedoch bei reinen „Schickane-Anzeigen“, wo Sie in der Regel Auskunft bekommen.

Auch bei Verdunkelungsgefahr braucht die Finanzbehörde keine Auskunft zu geben. Beispiel: vorhandene Kontrollmitteilungen, die noch nicht ausgewertet sind.

Auch Auskünfte, die Rückschlüsse auf das Risikomanagementsysteme der Finanzverwaltung oder für Sie konkret geplante Prüfungen geben, können verweigert werden. Nicht zurück gehalten werden können aber Auskünfte über die für Sie gesammelten persönlichen Risikofaktoren aus Steuer-Vita und Vorverhalten.

In welcher Form können Sie Auskünfte verlangen?

Der Antrag selbst kann formlos erfolgen, per Telefon, email oder postalisch. Auch Ihr Steuerberater kann den Auskunftsantrag stellen. Anzugeben sind aber die Daten zum Auffinden der personenbezogenen Daten, also Name, Steuernummer, Steuerart und Jahr.

Das für Sie zuständige Finanzamt hat die Auskunft in gebundener Form einschließlich einer Kopie in elektronischer Form zu erfüllen. Wird der Antrag auf Akteneinsicht elektronisch gestellt (per email oder Computerfax, so darf auch die Auskunft in einem einheitlichen gängigen Format erteilt werden, derzeit als PDF-Dokument. Zur Wahrung des Steuergeheimnisses wird dies in der Regel auf einem Datenträger geschehen, der Ihnen zugesandt wird.

Kosten des Verfahrens

Die Übermittlung des ersten Kopiersatzes ist grundsätzlich kostenlos, sofern kein besonders exzessiver Antrag vorliegt. Nur für weitere Kopiersätze können angemessene Kosten berechnet werden.

Rechtsmittel, falls das Finanzamt die Auskunft verweigert

Die Finanzverwaltung  wertet den Auskunftsanspruch des Steuerpflichtigen derzeit noch als Ermessensentscheidung (so BMF-Schreiben vom 12.01.2018, Rz 32). Das widerspricht jedoch der DSGVO, Art. 15.  Dann ist eine Beschwerde beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und Informationsfreiheit möglich, die dann zu einem Gerichtsverfahren führt. Alternativ könnte man auch beim Finanzgericht klagen, und zwar ohne vorherigen Einspruch gegen die Ablehnung. 

Die Auskunftserlangung über die eigene Steuerakte bei der Finanzverwaltung war noch nie so einfach. Wenn Sie häufig geprüft werden oder sonstwie das Gefühl haben, “auf dem Kieker“ des Finanzamtes zu stehen, dann sollten Sie das nutzen. Vielleicht gibt es die Chance, die eine oder andere falsche Information zu bereinigen.

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