Steuergestaltungen bei Darlehenszinsen werden wieder interessant

Das Problem der nicht absetzbaren Schuldzinsen

Es gab einmal eine Zeit, da konnten Freiberufler ihr Einfamilienhaus komplett über Praxisdarlehen finanzieren und damit die Steuerersparnis aus den Zinsen über die gesamte Darlehenslaufzeit einstreichen. Notwendig war ein Zufluss der Einnahmen auf einem Bankkonto, und ein Abfluss der Betriebsausgaben vom anderen Konto. Das Einnahmenkonto konnte dann „leergeräumt“ werden; zurück blieb ein steuerlich anerkannter Betriebsmittelkredit auf dem Ausgabenkonto. Bis die Regierung 1999 das sogenannte „Mehrkontenmodell“ stark eingeschränkt hat (§ 4 Abs. 4 ESTG). Seitdem gelten diese Regeln.

Im betrieblichen Bereich entstandene Zinsen gelten nur als Betriebsausgabe, wenn sie betrieblich verursacht sind. Wird z.B. eine hohe Privatentnahme für eine Steuerzahlung durch eine Kontoüberziehung „finanziert“ oder im zeitlichen Zusammenhang ein Betriebsmittelkredit aufgenommen, so sind diese Zinsen steuerlich nicht abzugsfähig. Sie werden dem Gewinn hinzugerechnet.

Die übrigen, ohne Zweifel betrieblich verursachten Zinsen sind nur dann ohne Einschränkung steuerlich abzugsfähig, wenn die Darlehensauszahlung für betriebliche Investitionen verwendet wurde. Als „Investitionen“ gelten alle langfristig genutzten Wirtschaftsgüter der Praxis, und zwar von geringwertig (bis 800 € netto) bis zu mehreren 100.000 € wie z.B. Praxiserwerb. Die daraus entstandenen Zinsen bleiben steuerlich abzugsfähig über die gesamte Laufzeit des Darlehens.

Dann gibt es die übrigen betrieblichen Darlehen, vor allem die Betriebsmittelkredite, aber auch schnöde Kontoüberziehungen. Hier wird scharf gerechnet: liegen sogenannte Überentnahmen vor, dann werden die Zinsen dem Gewinn wieder hinzu gerechnet, bis auf einen kleinen Freibetrag von € 2.050.

Ein Beispiel: Von einem Steuergewinn von € 200.000 werden rechnerisch die Entnahmen € 300.000 gekürzt. Die Zinsaufwendungen des Jahres (ohne Investitionsdarlehen) betragen € 5.000. Die „Überentnahme“ von € 100.000 x dem gesetzlichen Zinssatz von 6 %, also € 6.000, höchstens aber die tatsächlichen Zinsen von € 5.000 abzüglich eines gesetzlichen Freibetrages von € 2.050, im Beispiel also € 2.850 werden dem Gewinn hinzurechnet. Ob es bei dem Zinssatz von 6 % bleibt, ist zwar strittig, aber noch nicht höchstrichterlich entschieden (BFH 22.03.2022 v. IV R 19/19).

Der Saldo von – € 100.000 wird fortgeführt. Solange man sich in der rechnerischen „Überentnahme“ befindet, erhöhen diese Zinsen den steuerlichen Gewinn. Das kostet unnötig Steuern, je höher der Zinssatz, desto mehr!

Das sind nun die Strategien zum Steuersparen

Es gilt, Zinsen für Kontoüberziehungen, Betriebsmittelkredite oder natürlich auch private Darlehen möglichst niedrig zu halten. Die Strategien sind recht einfach, bedürfen aber einer dauerhaften Planung.

Wenn man Darlehen benötigt, dann sollten diese für betriebliche Investitionen verwendet werden, und nicht für Betriebsausgaben. Um dem Finanzamt das später auch nachzuweisen, hilft ein Extrakonto, von dem die Investitionen bezahlt werden und auf das die Darlehen ausgezahlt werden. Das geht auch für Kleinbeträge: Geringwertige Wirtschaftsgüter wie EDV-Hard- und Software, Wartezimmerbestuhlung usw. werden über 1-2 Jahre über ein Extrakonto bezahlt. Dann wird in ein zinsgünstiges Darlehen umgeschuldet, und der langfristige anerkannte Investitionskredit ist geschaffen. Steuerersparnis im Vergleich zur Kontoüberziehung bei einem Darlehen von bsp.weise € 100.000 und Zinsen von 6 % anfänglich ca. € 2.600 pro Jahr. Und es geht noch mehr…

Investitionsdarlehen „stehen lassen“ zugunsten der Rückführung steuerungünstiger Kredite 

Hat man steuerlich anerkannte Investitionsdarlehen und noch weiteren Finanzierungsbedarf, dann sollte man diese möglichst nicht tilgen. Die Zinsen bleiben bis zur vollständigen Rückzahlung steuerlich abzugsfähig. Also Investitionsdarlehen endfällig vereinbaren, und vorrangig Betriebsmittelkredite oder auch private Kredite tilgen.

Bekannt ist auch, dass die Tilgungsaussetzung von Praxisdarlehen, verbunden mit der Ansparung der Tilgungsersatzleistungen in einer Versicherung oder einem Fonds, steuerlich Sinn macht. Wenn man nämlich in naher Zukunft eine private Investition plant, z.B. den Erwerb eines privat genutzten Hauses. Die freien Mittel können dafür verwendet werden.

Wenger bekannt ist, dass auch die Tilgungsraten von bestehenden „Investitionsdarlehen“ wiederum finanziert werden können. Auch die Finanzierung der Tilgungen begründet wiederum Investitionsdarlehen, deren Zinsen immer steuerlich abzugsfähig bleiben. Schon wird Geld frei, um private Schulden vorzeitig zurückzuführen.

Bei Vermietung gibt es keine „nicht abzugsfähigen Schuldzinsen“.

Der 1999 eingeführte § 4 Abs. 4a ESTG gilt nur im betrieblichen Bereich, also Einkünfte aus Gewerbebetrieb und selbstständiger Tätigkeit, nicht aber für die Überschusseinkünfte, wie z.B. Vermietung. Hat man hier ein „Mehrkontenmodell“ installiert, dann kann man ebenfalls die Ausgaben finanzieren (Zinsen, Tilgung, Betriebskosten, Instandhaltung usw.). Und die Mieteinnahmen zur Rückführung privater Kredite verwenden. Die Zinsen der neuen Kredite bleiben steuerlich abzugsfähig.

Eine Betrachtung hilft bei den Überlegungen: Die Höhe der Gesamtverschuldung bleibt gleich. Nur wo die Zinsen entstehen, gewinnt an steuerlicher Bedeutung! Je höher also die Zinsen von Kontoüberziehungen, Betriebsmittel- oder auch ganz privaten Krediten sind, desto mehr Steuern kann man durch solcherlei Finanzierungsstrategien sparen.

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